Reduzierung Menschen auf ihre Fachlichkeit

Reduzierung Menschen auf ihre Fachlichkeit

Es gibt Menschen, die freundlich sind – aber nur zu denen, die sie für fähig halten. Sie grüßen die Kolleginnen und Kollegen, die aus ihrer Sicht „gut“ sind, und übersehen jene, die vielleicht langsamer lernen oder einfach andere Stärken haben. Auf den ersten Blick wirkt das normal, fast professionell: Man orientiert sich an den Besten, sucht den Austausch mit den Kompetenten.
Doch bei genauerem Hinsehen liegt darin etwas Kaltes – eine Trennung zwischen denen, die gelten, und denen, die übersehen werden.

Wer andere nur respektiert, wenn ie etwas leisten, reduziert sie auf ihre Nützlichkeit. Selbst die, die er „gut“ behandelt, werden dadurch auf ihre Funktion beschränkt.
Der Mensch verschwindet hinter seiner Rolle. Das bleibt oft unbemerkt, aber es schafft Distanz, wo eigentlich Verbindung möglich wäre.

Ich glaube, dass da Unsicherheit dahintersteckt. Vielleicht fällt es manchen schwer, Schwäche auszuhalten – bei anderen, aber auch bei sich selbst. Wer nur die Starken achtet, sucht Halt in dem, was sicher scheint, und verliert dabei leicht den Blick für das, was wirklich zählt: Menschlichkeit.

Wenn ein Mitarbeiter nur diejenigen freundlich behandelt, die fachlich stark sind, und andere Kolleginnen und Kollegen, die er für weniger kompetent hält, sogar ignoriert,
dann wertet er letztlich auch die „Guten“ ab – weil er sie nur auf ihre fachliche Leistung reduziert und nicht als Menschen anerkennt.
Im Umkehrschluss bedeutet das:
Wer Menschen nur dann gut behandelt, wenn sie ihm von Vorteil sind, und alle anderen übersieht, behandelt im Grunde alle respektlos.
Denn Respekt zeigt sich nicht darin, wie man mit den Starken umgeht, sondern darin, wie man die behandelt, von denen man selbst nichts erwartet.

Kompetenz ist wichtig, keine Frage. Aber sie sollte nie zum Maßstab für Respekt werden. Denn Mitgefühl bedeutet nicht, Schwäche schönzureden,
sondern den Menschen zu sehen, unabhängig davon, wie gut er gerade ist. Wenn Respekt an Leistung gebunden ist, verliert man ihn irgendwann auch für sich selbst –
spätestens dann, wenn man einmal strauchelt.

Reife zeigt sich vielleicht genau darin, wie man denjenigen begegnet, die gerade nicht stark wirken. In dieser Haltung liegt Würde. Sie schafft Vertrauen statt Vergleich, Nähe statt Urteil.

Respekt ist keine Belohnung für Können, sondern eine stille Entscheidung für Menschlichkeit.
Und vielleicht beginnt er genau dort, wo wir aufhören zu bewerten –
und anfangen, zu verstehen.

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